Statement zur Berichterstattung der Pressekonferenz

Da geben wir eine Pressekonferenz zur Positionierung zur Atommüllendlagersuche und raus kommt eine interessante Überschrift. Im ersten Moment sah ich uns Grüne schon mit einer Lupe über den Boden des Münsterlandes krabbeln. Wenn es nicht um ein so ernstes Thema gehen würde, hätte es beinahe einen Unterhaltungswert. 

„Grüne wollen im Münsterland nach Atommüllendlager suchen“ steht in großen Buchstaben, mit einem Foto, am Donnerstagmorgen in der Münsterlandzeitung. Verständlicher Anlass für emotionale Reaktionen vieler Menschen, und da nehme ich mich nicht aus.

Was festzustellen ist an dieser Stelle- nicht jede Zeitung titelt so und nicht jeder Beitrag hat die gleiche Nachrichtenstruktur.

„Wir, die Grünen im Münsterland, lehnen alle Schritte der nuklearen Stromproduktion – vom

Uranabbau bis hin zum Bau von Reaktoren jeglicher Größe und Bauart – ab. Unsere Akzeptanz

der Suche nach einem geeigneten Endlager für hochradioaktiven Atommüll auch im Münsterland

ist unabdingbar mit der zeitgleichen Umsetzung des vollständigen Atomausstieges verbunden.“

Wir Grüne suchen nicht nach einem Atommüllendlager im Münsterland.

Wir begleiten den Standortauswahlprozess im Münsterland ergebnisoffen aber wachsam und kritisch. 

Weil es sich bei diesem Thema um ein sehr vielschichtiges, fachliches und wichtiges Thema handelt haben wir gemeinsam mit Vertreter:innen aus allen grünen Münsterland Kreisverbänden zu einer Pressekonferenz eingeladen um unmittelbar entstehende Rückfragen zu beantworten.

Zwei Generationen haben durch den scheinbar billigen Strom durch Atomenergie profitiert. Für unendlich viele wird der Atommüll zur Ewigkeitslast. Um diesem Umstand zu begegnen hat der deutsche Bundestag ein Gesetz für ein Standortauswahlverfahren verabschiedet, indem nach wissenschaftlichen Kriterien nach einem Atommüllendlager für hochradioaktiven Abfall gesucht wird. 

Im ersten Schritt des Standortauswahlverfahrens gelten große Teile Deutschlands, darunter eben auch nahezu das gesamte Münsterland, für ein potentielles Atommüllendlager als geeignet. 
Im weiteren Verfahren werden nach streng wissenschaftlichen Erkenntnissen nach und nach immer mehr Standorte ausgeschlossen (vgl. https://www.bge.de/de/endlagersuche/standortauswahlverfahren/)

Weil wir, im Münsterland, einerseits als Standort aktuell (noch) in Frage kommen und andererseits aber im besonderen Maße von der Atomindustrie betroffen sind ist es besonders wichtig sich mit diesem Thema auseinander zu setzen, sich zu positionieren und Verantwortung zu übernehmen.

Gerade das Münsterland ist besonders von der Atomindustrie betroffen. In unserer unmittelbaren Umgebung befinden sich die stillgelegten und rückzubauenden Kernkraftwerke Hamm- Uentrop und Lingen, das aktuell noch betriebene Kernkraftwerk Emsland, die UAA Gronau und Almelo (NL), die Zwischenlager Ahaus und Lingen und die Brennelementefertigung (Lingen).

Umso wichtiger sich zum aktuellen Stand münsterlandweit abzustimmen.

Kernbotschaft unserer Positionierung ist einerseits das Bekenntnis zu einem ergebnisoffenen Prozess, welcher nach wissenschaftlichen Kriterien bestimmt, und kritisch von uns begleitet wird. Andererseits stellen wir Grüne aber die ganz klare Bedingung für einen gleichzeitigen vollständigen Atomausstieg. 

Im Rahmen der Pressekonferenz haben wir sehr deutlich darüber gesprochen, wie paradox es ist, einerseits ein Atommüllendlager, für hochradioaktiven Abfall, mit endlichen Kapazitäten zu suchen und gleichzeitig Industrien in denen weiterhin unendlich Atommüll anfällt unangetastet zu lassen. 

Ein weiterer wichtiger Punkt des Gesprächs waren die Atommülltransporte durch das Münsterland. Gerade die Transporte von der Urananreicherungsanlage mit Uranhexafluorid sind extrem gefährlich. Wir haben über die radioaktive Strahlung und die Giftigkeit des Materials gesprochen; aber auch gleichzeitig darüber was diese Transporte für die Menschen und auch die Kommunen im Münsterland bedeuten. Fakt ist: keine der Strecke anliegende Kommune und keine Kreisverwaltung ist über die Transporttermine informiert. Für uns nicht hinnehmbar. Im Falle eines Unfalls müssen alle anliegenden Kommunen entsprechend vorbereitet sein, um auch die Sicherheit ihrer eigenen Einsatzkräfte zu garantieren.

Im Rahmen der Pressenkonferenz haben wir auch über den Faktor ‚Zeit‘ in Bezug auf das Zwischenlager in Ahaus gesprochen. Ahaus darf nicht schleichend zu einem oberirdischen Atommüllendlager werden. Gleichzeitig wissen wir auf wissenschaftlicher Ebene nicht, wie sich die Brennstäbe im inneren der Castoren über einen längeren Zeitraum als vierzig Jahre verhalten. Aktuell scheint es sich abzuzeichnen, dass sie zerbröckeln. Das bedeutet im schlimmsten Fall, dass wir perspektivisch ganze Castoren endlagern müssen. Eine große zusätzliche Herausforderung.

Zentraler Bestandteil der Suche nach einem Atommüllendlager bleibt das Standortauswahlverfahren. Dazu gehört eine breite Öffentlichkeitsbeteiligung. Wir haben gemeinsam über Chancen und Hürden des Beteiligungsprozesses gesprochen. Die Fachkonferenz Teilgebiete ist ein lernendes, sich selbst überprüfendes Verfahren. Im Rahmen der Coronapandemie wurden die ersten beiden Termine rein digital abgehalten, der anstehende dritte Termin wird als hybride Veranstaltung abgehalten. Natürlich muss die Frage gestellt werden, inwieweit über digitale Formate echte Beteiligung stattfinden kann. Im Rahmen der Vorbereitungsgremien der Fachkonferenz wird genau dieser Punkt regelmäßig diskutiert. Digitale Formate bieten aber auch gleichzeitig die Chance einer sehr niedrigschwelligen Möglichkeit der inhaltlichen Teilnahme. 

Wichtig wird am Ende dieses Prozesses die Akzeptanz der Bevölkerung sein. Eine Aufgabe bei der den Kommunen und Parlamenten vor Ort eine zentrale Bedeutung und Rolle zu kommt, die dringend aktiv ausgefüllt werden muss, und zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht überall entsprechend ausgefüllt wird. Partizipation lebt von beiderseitigem Engagement. Unter keinen Umständen darf eine Beteiligungsmöglichkeit verpasst werden. Gerade deshalb setzen wir uns vor Ort engagiert in den Parlamenten ein, entsprechende Vertreter:innen in die Fachkonferenzen zu entsenden.

Für uns ist klar, dass wir den Suchprozess nach einem geeigneten Standort für ein Atommüllendlager offen, aber auch wachsam und kritisch verfolgen. Daran aber die Bedingung des zeitgleichen vollständigen Atomausstiegs knüpfen.

Wir brauchen ein Ende der Atommülltransporte durch das Münsterland, die Schließung der Urananreicherungsanlage in Gronau, eine Perspektive für die endgültige Schließung des Zwischenlagers in Ahaus und damit einen wirklich vollständigen Atomausstieg. 

Weiterführende Links:

Positionspapier der Grünen im Münsterland zur Atommüllendlagerung

Statement Grüne Ahaus: https://grueneahaus.de/endlagersuche-nur-mit-maximaler-transparenz-es-zaehlen-die-wissenschaftlichen-fakten/

Zwischenbericht Teilgebiete: https://www.bge.de/de/endlagersuche/zwischenbericht-teilgebiete/

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